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Überempfindlich oder gemobbt?

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  • Überempfindlich oder gemobbt?

    Guten Abend,
    zwar habe ich durch Kündigung einem für mich unerträglichen Zustand ein Ende bereitet, aber nach wie vor quäle ich mich mit der Frage, ob alles an mir liegt (was sich dann im nächsten Job ja wiederholen könnte), oder ob die Situation doch zumindest als belastend zu beurteilen ist.
    Einige Fakten aus meinem letzten Job:
    1. Seit Mitte vorigen Jahres hatte ich einen Job als Büroangestellte, gleichrangig unter 6 weiteren Kolleginnen (die meisten weitaus jünger). Mein Anfangsgehalt entsprach exakt dem derjenigen Kollegin, die bereits seit sehr langer Zeit dort angestellt war, die anderen Kolleginnen (zwar jünger, aber alle auch schon mindestens 10 Jahre im Betrieb) verdienten weniger (und wussten dies auch). Ich war davor immer in leitenden Positionen tätig. Aus diesen beiden Gründen gab es ich mich bewusst sehr zurückhaltend, hilfsbereit, aber nicht aufdringlich.
    2. Ich begann und musste mir sozusagen Arbeit suchen, da keiner der Vorgesetzten mir irgendeine Tätigkeit übertrug. Die einzige Aufgabe, die mir definitiv zugewiesen wurde, erschöpfte sich in einem geringfügigen Ausmaß von max. 1/2 Tag pro Woche (ich hatte eine 40-Stunden-Anstellung).
    3. Das Arbeitsklima war für mich zumindest ungewöhnlich: ständige lautstarke Beschwerden der Kolleginnen (Großraumbüro mit mehreren Angestellten - Vorgesetzte hatten ihre Büros in einem ganz anderen Trakt) über die Arbeit, Aufträge von Vorgesetzten, Telefonanrufen von Kunden und dgl. Zumindest bei einer Kollegin konnte ich unvermeidbarerweise feststellen, dass sie zumindest ein Drittel des Arbeitstages mit sehr laut geführten privaten Telefonaten, privaten Internetrecherchen und dergleichen füllte.
    4. Dadurch, dass es keine klaren Zuständigkeiten und wenig bis keine selbständig auszuführenden Tätigkeiten gab, war der Arbeitsanfall verschieden. Wurden von den Vorgesetzten viele Arbeitsaufträge erteilt (wofür aber immer alle Kolleginnen gleichermaßen zuständig waren, sodass sich offenbar niemand wirklich verantwortlich fühlte), war manchmal viel zu tun. Andernfalls gab es enorme Stehzeiten, in denen schlichtweg keine Arbeit auffindbar war, sodass man quasi dazu verdammt war, privat im Internet zu surfen. Mir war es dabei furchtbar langweilig. Die Kolleginnen beklagten sich aber auch in diesen Zeiten über die stressige Arbeit.
    5. Seitens der Vorgesetzten erfuhr ich bis zum Dienstzeugnis bei Selbstkündigung nie ein Feedback. Das einzige Feedback von Nicht-Kolleginnen, das mir zuteil wurde, stammte von einem langjährigen Angestellten, der sozusagen die rechte Hand des Chefs war, der meine Arbeit offenbar sehr schätzte (aus diesem Grund blieb auch über die Probezeit hinaus in der Hoffnung, etwas ändern zu können). Das Feedback von den Kolleginnen - zuerst nur von einer (mit der ich unmittelbar zusammenarbeitete), später von mehreren - war äußerst negativ.
    6. Verhalten der Kollegin(nen): Wie gesagt, anfangs war es nur meine unmittelbare Schreibtischnachbarin:
    6.1. Täglich - manchmal mehrmals tägliche - Kritik an meiner Arbeitsweise in sehr herrischem, herablassenden Ton. Argument: Wir machen das und jenes hier so! Bei uns entscheiden dies und jenes die Vorgesetzten! usw. Der einzige Nicht-Kollege, der mir Feedback gab, meinte allerdings genau das Gegenteil und freute sich, wenn ich neue Ideen einbrachte.
    6.2. Ohne dass mir büroübliche Usancen erläutert worden wären, harsche Kritik, wenn ich diese (die ich ja nicht kennen konnte) nicht befolgte. Das ging soweit, dass mir vorgeworfen wurde, Post its falsch zu beschriften(!), während die Adressaten besagter Post its (die Vorgesetzten) zumindest mir gegenüber keine Kritik über Unverständlichkeit oder dgl. äußerten.
    6.3. Anfangs versuchte ich noch irgendwie um außerbetriebliche Gespräche. Reaktion egal auf welches Thema ich brachte: "Na, das interessiert mich aber nicht!" von einem herablassenden Lachen begleitet.
    6.4 Die Kollegin machte sich bei ihren privaten Telefonaten (mit Freund, Familie oder sonst wem) klar erkennbar über mich lustig.
    6.5. Wenn die Kollegin mit anderen Kolleginnen telefonierte, begann sie manchmal zu flüstern (hat vermutlich nichts zu bedeuten, nach Obigem fühlte ich mich aber betroffen).
    6.6. Anfangs sprachen die anderen Kolleginnen sehr wohl mit mir und gab es auch private Kontakte, zunehmend hörte sich jeglicher Kontakt auf, und gab es nur noch - wenn überhaupt - einsilbige Antworten, die kein weiteres Gespräch mehr zuließen. (Dies könnte aber auch an mir liegen, da ich mich zunehmend mehr zurückzog).
    6.7. Nachdem ich gekündigt habe, wurden Gespräche von den Kolleginnen wieder aufgenommen: Ich wurde mehrmals gefragt, wann ich meinen Resturlaub konsumiere.
    7. Mein Verhalten war leider sehr passiv. Bemüht, mich ja nicht "aufzuspielen", setzte ich keine Grenzen gegen tatsächliche oder zumindest von mir so empfundene Kränkungen. Jedes Mal, wenn vor allem die eine Kollegin mich um Hilfe bat (was sogar relativ oft vorkam), war ich froh, ihr behilflich sein zu können, und hoffte auf ein besseres Betriebsklima. Diese Hoffnung erfüllte sich allerdings dann doch nicht.
    Ich habe versucht, einfach nur Gegebenheiten zu schildern. Auch wenn mir bewusst ist, dass diese immer nur meine persönliche Wahrnehmung wiedergeben können, versuchte ich, diese so gut es ging, von Empfindungen und Wertungen frei zu halten. Ist das einfach normaler Büroalltag, dem mit ein bisschen Selbstbewusstsein und Gegenwehr schon zu begegnen ist, oder könnte man hier schon von einem Nährboden für Mobbing sprechen? Andere Meinungen sind mir sehr wichtig, da ich äußerst starke Selbstzweifel habe!

  • #2
    AW: Überempfindlich oder gemobbt?

    Hallo,

    was Du da beschreibst, kenne ich nur zu gut. Meine Kollegin ist ähnlich wobei ich aber nur mit dieser einen solche Probleme habe und mit den anderen Kollegen überhaupt nicht.
    Auch sie tuschelt ständig am Telefon, oft eine halbe Stunde oder länger. Und danach fragt sie mich ob ich ihr helfen kann bei ihrer Arbeit, weil das ja soooo viel ist und sie das einfach nicht alleine schafft. Und ich mache es dann, um des Friedens Willen weil ich weiß wie es für mich ausgeht , würde ich ablehnen. Ich war und bin dann auf mich selbst wütend weil ich nicht den Mumm habe , dagegen anzugehen. Und, ich habe den Fehler immer nur bei mir gesucht. Es war als wenn der berühmte , kleine Teufel auf der Schulter mir ständig ins Ohr flüstern würde:" Du bist selbst Schuld, was erwartest du wenn du immer so duckmäuserisch und empfindlich ist, kein Wunder wenn Du immer Ja und Amen sagst, dass Du ausgenutzt wirst.
    Mittlerweile bin ich aber überzeugt, dass meine" Empfindlichkeit" nur eine kleine Rolle in dem ganzen Theater spielt. Ja, ich mag etwas empfindlichster und sensibler sein als andere, aber heute denke ich dass ich schlicht und ergreifend dass Pech hatte , an eine Soziophatin geraten zu sein, also ein Mensch der nicht fähig ist ein schlechtes Gewissen zu empfinden und dem andere Menschen nichts bedeuten. Sie leben dafür Macht zu Erlangen und auszuleben und sei es nur in Ihrer eigenen kleinen Welt und in ihrer eigenen kleinen Nische, zum Beispiel im Büro.
    Und gegen so jemanden sollte man einen weiten Bogen machen denn es hilft nicht, deren Verhalten lange analysieren zu wollen, was ich stets getan habe. Ich fragte mich immer, wieso tut sie das , ich habe ihr nie etwas getan.
    das Beste ist , man ergreift die Flucht und zwar schleunigst. Leider bin ich noch nicht so weit aber ich arbeite dran.
    Das Du gekündigt hast finde ich sehr mutig und vor allem konsequent!!!
    Toll.

    Lg
    Corelli

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    • #3
      AW: Überempfindlich oder gemobbt?

      Hallo Corelli,

      wie ich Deiner Geschichte hier im Forum entnehmen kann, ging und geht es Dir in vielen Bereichen ja ähnlich. Im Februar hast Du von einem möglichen Abteilungswechsel berichtet. Wird etwas daraus? Parallelen in unseren Geschichten entnehme ich darin, dass die besagten Kolleginnen eine na jedenfalls eigenwillige Einstellung zur Arbeit haben, die man vordergründig als faul oder unwillig bezeichnen könnte. Nur nach sehr kurzer Zeit war es für mich nicht mehr zu übersehen, dass die Kollegin ihre Arbeitszeit vorwiegend mit privatem Internetsurfen, Telefonaten und sonstigen Erledigungen verbrachte und - was für mich verblüffend war - nicht das geringste Hehl daraus machte! Jede Arbeit war zu viel bzw. eine störende Unterbrechung in ihren privaten Tätikeiten, andererseits wurde ich von Stöhnen und Fluchen über den enormen Arbeitsanfall richtig zugedröhnt. Nicht ihr unmittelbar zugetragene Arbeit ließ sie einfach liegen (um stundenlang ! ihren privaten Aktivitäten nachzugehen), bei manchen ihr direkt übergebenen Arbeiten, die sie aus irgendeinem Grund besonders unangenehm fand, schaffte sie es regelmäßig, dass diese über kurz oder lang stillschweigend bei mir landeten. Da sich sowohl die lautstark geführten privaten Gespräche und Tätigkeiten als auch das herablassende, herabwürdigende und verächtliche Verhalten mir gegenüber in einem Großraumbüro abspielten, war ich auf zweifache Weise verunsichert: Einerseits verstand ich lange nicht, dass die anderen Kolleginnen sie stets bedauerten wegen der Arbeitsüberlastung und ihr jedes Mal, sobald sie irgendeine Aufgabe bekam, sofort ihre Hilfe anboten; andererseits bekam ich immer mehr das Gefühl, enorm empfindlich zu sein, da sich ja offenbar alle anderen bei ihrer Art mir gegenüber nichts dachten. Aus der Retrospektive verstehe ich diese ganze skurille Situation etwas anders:
      Keine klare Verantwortungsabgrenzung in den Aufgabenbereichen; kein Feedback von den Vorgesetzten; kein Informationsfluss; starre Hierarchie; keine Berücksichtigung von Vorschlägen der Angestellten; keine Delegation von auch nur ein bisschen anspruchsvolleren Aufgaben von den Vorgesetzten an die Angestellten. Dadurch dass von den Angestellten niemand einen eigenen klaren Verantwortungsbereich hatte, gab es nur dann Arbeit, wenn die Vorgesetzten dafür sorgten (selbst mit entsprechenden und nachweisbaren Qualifikationen durften Angestellte nicht eigenverantwortlich tätig werden). Diese Situation führte dazu, dass es an manchen Tagen schlicht nichts zu tun gab. Ständige Unterforderung - sowohl zeitlicher als auch qualitativer Art - führen unweigerlich zur inneren Kündigung. Und wenn man einmal dort angelangt ist, verhält man sich genau so: Private Erledigungen gehen über berufliche; jede Arbeitsanweisung wird als lästig empfunden; man wird gereizt und aggressiv, man wird unkollegial, weil man ja Nichts-Tun schwer eingestehen kann.
      Und in diese Situation platzt jemand hinein, der sich in der Arbeit einbringen möchte, der sich verantwortlich fühlt, der ständig zumindest auf Suche nach Arbeit ist und sobald er irgendeine findet, diese noch freudig und effizient ausführt. Wie muss sich dann derjenige, der frustriert innerlich gekündigt hat, fühlen! Diese oben beschriebenen Situationen sind ja auch mit Schmälerung des Selbstwertgefühls durch fehlende Verantwortung und Anerkennung verbunden. (Und täusche Dich nicht, nur weil jemand laut herumschreit, ist er nicht selbstbewusst! - Ganz im Gegenteil: ein Mensch mit starkem Selbstwertgefühl braucht nicht schikanieren, intrigieren, andere Menschen demütigen. Das macht man meistens nur, um sich selbst erhabener, besser, größer zu fühlen, weil man sich eben gar nicht so fühlt.)
      Du schreibst, mit den anderen Kollegen hast Du keine Probleme. Wenn es so bleibt, ist es gut, und Du kannst vielleicht wirklich noch einen Weg aus Deiner Misere finden, bzw. durch Aufzeigen der Umstände auch Vorgesetzte oder Betriebsrat (wenn Ihr einen habt) dazu bringen, das ernst zu nehmen und mit der Kollegin ins Gespräch zu kommen. Solltest Du merken, dass sich das Verhalten der anderen mit der Zeit auch irgendwie ändert, suche so schnell wie möglich das Weite! Wenn es die Kollegin tatsächlich darauf abgesehen hat, Dich loszuwerden, und das System in Deinem Betrieb ein derartiges Verhalten duldet bzw. - zumindest unbeabsichtigt - fördert (wie es bei mir war), kannst Du - egal wie Du Dich verhältst - nichts ausrichten. Da liegt der "kleine Teufel auf der Schulter" völlig falsch! Da haben sich schon zu viele Menschen mit gewissen systemischen Eigenarten arrangiert, ev. auch Nutzen daraus gezogen; da haben Vorgesetzte schon eine Vielzahl fragwürdiger, ev. sogar kostspieliger Entscheidungen getroffen. Ein Angriff gegen den Mobber würde einem Angriff auf das System gleichkommen - und da kann man nur den Kürzeren ziehen.
      Aber auch nach nur einem halben Jahr einer derartigen Erfahrung weiß ich, dass es gerade in einem solchen Kontext seltsamerweise schwierig ist, zu kündigen. (Ich habe in dieser Zeit drei Stellenangebote ausgeschlagen!) An einer Erklärung, warum dies so ist, wäre ich sehr interessiert. Ich vermute mal, es hat mit dem ständigen Angriff auf Selbstwert und Selbstvertrauen zu tun; ev. auch - zumindest anfangs - mit dem Gefühl, etwas verändern, bewirken zu wollen. Man muss sich fast dazu zwingen, und man braucht letztendlich, um diesen Schritt (der Außenstehende vielleicht als größte Selbstverständlichkeit erscheint) zu vollziehen, viel Ermutigung von anderen Menschen, die einem in dieser Zeit den Rücken stärken. Aber ein bisschen so eine Funktion könnte ja Sinn dieses Forums sein.

      Ich wünsche Dir alles Gute, und dass Du für Dich den Weg findest, dorthin zu kommen, dass Arbeit ein erfüllender und glücklicher Bestandteil Deines Lebens ist und in keiner Weise irgendeine Belastung darstellt.
      lG, HSE

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