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Die Zeit vergeht - Die seelischen Narben bleiben

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  • Die Zeit vergeht - Die seelischen Narben bleiben

    Hallo ihr Lieben,

    ich weiß nicht wieso ich erst jetzt auf dieses Forum gestoßen bin. Aber es tut auf der einen Seite gut zu wissen, dass man nicht alleine ist. Auf der anderen Seite tut es mir allerdings auch weh, dass es so viele sind da ich genau weiß was es heißt gemobbt zu werden. Welche physischen und vor allem psychischen Qualen man durchleben kann weiß ich nur zu gut. Ich frage mich immer wieder was in solchen Menschen vorgeht, wie sie daran Spaß empfinden können anderen Mensch leid anzutun... Soviel ich weiß, waren meine "Peiniger" in keinem guten Umfeld aufgewachsen. Der Junge wuchs ohne Vater auf und das Mädel zog von Berlin zu uns und wurde regelmäßige bei Bekannten ihrer Mutter abgeliefert damit diese Feiern gehen könnte... mag zwar nicht schön sein für Kinder... aber meiner Meinung nach RECHTFERTIGT NICHTS Mobbing!

    Ich habe nie wirklich über meine Zeit als Opfer des Mobbings mit irgendjemanden gesprochen. Doch heute nach 12 Jahren möchte ich mein Schweigen brechen, denn ich halte es zwischenzeitlich einfach nicht aus.

    Ich bin mittlerweile 21 Jahre alt. Meine Geschichte beginnt im Jahr 2003 im Alter von jungen 8 Jahren. Vor ab bis zu jenem Moment war ich ein aufgewecktes, lebensfrohes und neugieriges kleines Mädchen mit vielen Freunden
    und guten Noten in der Schule.
    Anfangs der dritten Klasse war diese Zeit dann beendet.
    Ich weiß nicht warum aber ich kann mich an diesen Tag noch erinnern als wäre er gestern gewesen. Meine Klassenlehrerin kam mit zwei neuen Schülern in die Klasse. Links von ihr Kevin und rechts von ihr Mandy (Namen geändert).
    Und von Anfang an hatten sie mich Visier. Ich weiß noch, anfangs waren es noch verbale Schikanierungen. Man wurde ausgelacht wenn man das Falsche sagte oder nicht weiter wusste. Heute würde ich drüber stehen aber als kleines Kind wird man so eingeschüchtert, dass man Angst bekommt etwas zu sagen und lässt es sein. Irgendwann blieb es nicht nur bei Beleidigungen und es kamen körperliche Verletzungen hinzu. Freunde die man eben noch hatte, wandten sich ab und man wurde zum Außenseiter. Egal wo, man wurde strikt ausgeschlossen.
    Wohl bemerkt, meine damalige Lehrerin hat NICHTS aber auch GAR NICHTS unternommen. Mir wurde mitten (!) im Unterricht einfach in den Arm geboxt, ich wurde getreten und angespuckt. Als Dank dafür wurde ICH von der Lehrerin vor die Türe gesetzt und bekam Ärger. Wie oft wurde ich vom Unterricht ausgeschlossen weil ich vor Angst und Schmerzen anfing zu weinen. Meine Noten fielen drastisch nach unten. Aus der zweier Schülerin wurde ein vierer bis fünfer Kandidat so dass meine Gymnasiumempfehlung auf Hauptschule fiel... Ich fing an meine Eltern zu belügen um nicht in die Schule zu müssen. Anfangs waren Bauchschmerzen und Übelkeit noch Ausreden aber irgendwann wurde daraus ernst. Nur der Gedanke zur Schule zu müssen, löste in mir Angstattacken aus.... Meine Eltern waren oft in der Schule, führten Gespräche mit den Eltern der Kinder, mit der Schulleitung und meiner Klassenlehrerin die so ziemlich alles verharmloste und mich als Hysterisch dahin stellte. Und all dies führte zu keiner Lösung. Meine Familie tut mir heute noch leid. Für sie war es auch nicht einfach...
    Nach einiger Zeit kam ein weiterer neuer Schüler zu uns in die Klasse. Mark. Mit ihm verstand ich mich denn er war nicht gegen mich, da er noch neu war und nicht wusste das alle mich "hassten". Doch in Mark fanden Kevin und Mandy ein neues Opfer für ihre üblen Zurichtungen. Wir beide wurden über einen Kamm geschert... er verließ irgendwann die Klasse weil er nicht mehr konnte.
    Es ist viel zu viel vorgefallen um alles aufzuführen. Am letzten Schultag der vierten Klasse war ich das glücklichste Kind. Der letzte Satz den ich von einem Mitschüler zuhören bekam war O-Ton: "Hoffentlich bleibst Du mit deinen Schnürsenkel in den Speichen deines Fahrrads hängen und brichst dir alles.".
    Ich bin darauf gar nicht mehr eingegangen, weil ich dachte dass es sich mit dem letzten Schultag damit endgültig erledigt hat.

    Leider Gottes falsch gedacht!

    Diese Zeit hat mich bis heute geprägt und ausgemacht. Wäre diese Zeit nicht gewesen wäre ich heute zu 10000% ein ganz anderer Mensch...
    Mit der Zeit zog ich
    mich immer mehr in mich zurück. Ich fing an, neue Kontakte um mich herum anzulügen um akzeptiert zu werden. Ich erzählte Geschichten die nicht stimmten um Anerkennung zu bekommen.
    Ich fühle mich wirklich sehr schlecht deshalb aber ich war wirklich der Meinung nur so aber wirklich auch nur so Freunde zu bekommen und wie schon gesagt einfach akzeptiert zu werden.

    Noch bis heute tue ich das unbewusst. Ich kann es ums verrecken nicht abstellen obwohl ich weiß das es für solche Geschichten keinen Grund mehr gibt.
    2007 schickte meine Mutter mich zu einem Therapeuten weil sie einfach nicht mehr an mich ran kam. Mir hat das aber eher das Gefühl gegeben dass etwas nicht mit mir stimmt und ich der "Fehler" bin und ich deshalb zur Theraphie muss.
    Wirklich geholfen hat mir die Therapie nicht weil ich zu dem Zeitpunkt einfach nicht offen dafür war.

    Heute mit 21 Jahren, weiß ich immer noch nicht wer ich wirklich bin, weil ich mich mein halbes Leben lang hinter einer Maske versteckt habe. Ich wollte immer sein wie andere, das haben was andere haben ich aber nicht. Mein Selbstwertgefühl ist gleich 0. Ich bin überglücklich und dankbar dass ich einen Patner habe der mir jeden Tag aufs neue sagt was für ein wundervoller Mensch ich bin und soviel Geduld auf sich nimmt. Trotz alle dem habe ich Phasen wo ich mich einfach nicht leiden kann. Einfach unzufrieden mit mir bin. Mich klein fühle.... und mein Spiegelbild nicht abkann. Außenstehende verstehen dieses Verhalten nicht... Ich habe auch oft Phasen wo ich in Selbstmitleid verfalle und im nächsten Moment mir einfach denke wie blöd ich bin in Selbstmitleid zu verfallen?!

    Ich bin 21 Jahre und fühle mich mittlerweile alles andere als erwachsen. Ich bin extrem Schüchtern, schaffe es nicht Kontakte zu knüpfen oder zupflegen.... wobei es hier meistens an beiden Seiten liegt. Innerlich fühle ich dass ich anderes bin. Stärker aber ich kann es nicht zum Ausdruck bringen. Ich fange bei jeder Kleinigkeit an zu Heulen! Schreit mich an und ich werde zum Sprinbrunnen, egal wie sehr ich versuche mich zusammenzureisen. Und das schlimmste ich komme absolut gar nicht mit Kritik klar und fühle mich immer angergriffen. Ich sage Ja und Amen wo ich lieber sagen würde nein! Ich will das alles einfach nicht mehr!!!!


    Die Ironie an der ganzen Geschichte ist, dass ich in den letzten drei bis vier Jahren so gut wie alll damaligen Klassenkameraden über den Weggelaufen bin.
    Und keiner, kein einzger konnte sich jemals an mich erinnern geschweige denn daran was sie mir angetan haben....


    Man kann sagen was man will, aber Mobbing ist weit aus mehr als nur ein verbal und körperliche Angriff....

    Das ist meine Geschichte. Danke fürs lesen! Ich hoffe eines Tages wird es einfacher... für alle.


    Lieben Gruß,

    Inocean


    Zuletzt geändert von Inocean; 18.08.2015, 12:03.

  • #2
    AW: Die Zeit vergeht - Die seelischen Narben bleiben

    Hallo Inocean,

    Es tut mir leid, daß Du als Kind solche schlechten Dinge erlebt hast.
    Wenn Deine psychischen Probleme so stark sind, daß Du das Gefühl hast, allein das nicht bewältigen zu können oder Deinen Partner zu sehr zu belasten, würde ich mich auf die Suche nach einem guten Psychotherapeuten machen, um das erlebt zu verarbeiten

    Schau mal da rein, da habe ich über Therapie geschrieben: http://forum.mobbing.net/showthread....ight=Therapeut

    Wenn Du dazu Fragen hast, kannst Du nachfragen.

    Noch eins - Du bist noch sehr jung, gib Dir Zeit und erlaube Dir, Fehler zu machen und in Deinem eigenen Tempo zu wachsen, Gelassenheit und Abgeklärtheit kommen erst mit wachsender Lebenserfahrung.


    Dickes Kraftpaket und
    Liebe Grüße
    Maggy

    Kommentar


    • #3
      AW: Die Zeit vergeht - Die seelischen Narben bleiben

      Hi!

      Ich habe in meiner Schulzeit fast Gleiches durchgemacht. Als Linkshänder wurde die Schulklasse vom Lehrer zum mobben angestiftet. "Den dürft ihr schlagen solange der mit Links schreibt!" Auch der Lehrer hat mich oft übel mit dem "Zeigestock" verdroschen. Tage ohne Schläge waren die Ausnahme. Als ich in der zweiten Klasse eine "Ehrenrunde" drehen durfte kam ich in eine Kinderkur in der ich auch verdroschen wurde. Ich ging ab dem zwölften Lebensjahr in ein Internat. Mein Stottern wurde besser und ich wurde nicht mehr geschlagen. In meiner Heimatstadt bin ich nach 40 Jahren endlich nicht mehr der "Depp" weil ich inzwischen seit 35 Jahren in eine 600 km entfernte Stadt gezogen bin. Ich habe auch wie Du Probleme mit dem Selbstbewußtsein. Auch Selbstachtung und Selbstwertgefühl sind nicht besonders stabil. Ich habe die Erfahrung gemacht das Anerkennung gut tut und das Du sie Dir ohne weiteres auch selbst zusprechen kannst. "Eigenlob stinkt" sagt der Volksmund oder "Nicht geschumpfen ist gelobt genug" . Ich halte das für ausgemachten Quatsch! Wenn Du gelobt wirst nehme es an. Lobe Dich auch selbst. Das stärkt das Selbstwertgefühl. Und vergiss nicht, Du bist ein wertvoller Mensch!

      Grüßlinge!

      Kommentar


      • #4
        AW: Die Zeit vergeht - Die seelischen Narben bleiben

        Hallo Inocean,
        Ich habe deinen Post soeben zufällig über eine Google Suche zu was anderem gefunden - und so musste ich mich sofort hier anmelden. Vor allem weil ich 22 bin und somit deinem Jahrgang sehr nah :-)

        Als ich deinen Text schon überflogen habe, habe ich gesehen, das wir den gleichen Leidensweg haben.
        Auch ich wurde seit der 2. Klasse gemobbt - bei mir jedoch aufgrund des Klassenlehrers, welcher laut Zeitzeugen in jeder seiner Klassen ein schwarzes Schaf auserkoren hat. Ich selbst kann mich von der ganzen Grundschulzeit nur noch daran erinnern, daß wir in einem Landschulheim waren. Daher kann ich von dort auch wenig berichten - dafür umso mehr von der Realschulzeit - meine wohl schlimmste Zeit des Mobbings und trotzdem schulisch gesehen schönste Zeit.
        Das schlimme am Mobbing finde ich, ist, rückwirkend nicht zu wissen wer wirklich Mobber war und wer Mitläufer - das finde ich persönlich sehr traurig, schließlich können die Mitläufer eigentlich gar nichts dafür.

        Aber egal. Bei mir wurde oft neben den typischen ständigen verbalen Beleidigungen auch immer wieder meine Sachen beschädigt, sei es das Mäppchen oder Hefte - welche immer mal wieder willkürlich als Flugobjekte missbraucht wurden.
        Richtig beschissen wurde es in der 7. Klasse, als ein neues Mädchen dazu kam - welche ich so dämlich wie ich damals war voll bescheuert und übereilig angebaggert hab... Gleichgesinnte kennen das Gefühl, wenn man sich vollkommen allein gestellt fühlt und sich an jedem Funken Hoffnung festklammern will...

        Dies endete jedoch darin, daß sie in der 8. Klasse, als wir ins Waldschulheim gingen, von den anderen angefeuert wurde, mich zu duellieren... Natürlich offen direkt vor dem Waldschulheim - was darin endete, das ich zu feige war sie überhaupt zu berühren und sie mir eine unvergessliche Ohrfeige gegeben hatte :-(

        Bis dato will ich mich für mein dämliches Verhalten ihr gegenüber entschuldigen, bringe es aber nicht zustande...

        Auch in den darauf folgenden Jahren gab es keine Besserung, lediglich durch unzählige Gespräche meiner Eltern mit Schulleitung etc. Die komplette Schulzeit immer mal mehr und wieder weniger. Auch in der anschließenden Berufsschule dachte ich - endlich kann man das Thema hinter einem lassen - weit gefehlt - durch mein (die Vergangenheit geprägtes) Verhalten und meine zurückhaltende Einstellung und vor allem durch alte Klassenkameraden ging es auch dort weiter.

        Als ich dann endlich meine Lehre fertig hatte (im übrigen in zwei Betrieben, da der erste schrecklich für mich war, da diese grundsätzlich Azubis tyrannisieren), ging ich in eine Firma, welche ich über den Kontakt meines Bruders als ehemaliger Arbeiter dort war, kennengelernt habe.
        Aber auch daraus lerne ich - gehe nie in Betriebe, wenn dort Verwandte waren...
        Dem Chef gefiel es überhaupt nicht, das er meinen Bruder damals als Vorzeige-Mitarbeiter verloren hatte. Somit wurde ich, beworben als Außendienstler, nie in den Außendienst zugelassen, lediglich 1,5 Jahre als Einarbeitungszeit in der Werkstatt nieder geschrieben...

        Das war mir zu doof, somit bin ich in ein anderen Betrieb gegangen. Dort erhoffte ich mir aufgrund der Ausschreibung endlich die Zufriedenheit, so wie es sein sollte. Doch dieser Betrieb war ein Familienunternehmen, somit war die Chefposition nie wirklich klärbar - Eskalationen vorprogrammiert. Zudem durfte man nie seine Meinung äußern - schließlich ist man Junggeselle und hat keine Ahnung von dem was man tut...

        Auch diese Beschäftigung endete in einer Kündigung betrieblicher Seite zum letzten November Tag - welche nicht zuletzt auch aufgrund persönlicher Umstände vermutlich ausgesprochen wurde.
        Seit 3-4 Monaten ist meine Mutter aufgrund Krebs in der Chemotherapie, das belastet einen schon sehr. Dann kam Mitte Oktober auch noch die Trennung meiner Freundin, mit welcher ich 4,5 Jahre zusammen war ��

        Das hat durchaus auch mein Verhalten beeinflusst, welche nicht zuletzt vermutlich auch zur Kündigung geführt haben.

        All diese Umstände brachten mich Anfang November zu einem fast mehrtägigen Nervenzusammenbruch - ich war am Ende. Zuletzt an dem Punkt hatte ich meine wohl ernsthaftesten Selbstmordgedanken - ich war nur noch eine Haarlänge vom Selbstmordversuch entfernt. Möglichkeiten dazu gibt's heutzutage genug. Vor allem die Zugmethode - welche vor mehreren Jahren, ein damals sehr guter Freund um die 25 Jahren genutzt hatte. Er hatte zuviel von allem abbekommen, hat sich von seinen Familienangehörigen allen ein Kleidungsstück angezogen, ein Abschiedsbrief geschrieben und ist seinen Weg gegangen. Ich brauchte Monate, um zu verstehen das er nicht mehr unter uns weilt... Ich konnte und wollte es einfach nicht wahrhaben.
        An dem Punkt des Tiefes war es jedoch die richtige Entscheidung, mich an meinen Bruder und meine beste Freundin zu wenden - diesen beiden verdanke ich vermutlich heute noch leben zu dürfen.

        Aktuell bin ich im Dezember arbeitslos, werde aber zum Januar im Jahr 2016 ein neues Kapitel im Leben beginnen. Ich habe meine Berufssparte vollkommen gewechselt, werde weiter entfernt arbeiten und somit nicht von der Vergangenheit der Heimat ständig eingeholt. Zudem habe ich es endlich geschafft, mich zusammen zu reißen und habe eine Psychotherapie in Gang gesetzt - ab vermutlich Februar - März werde ich da hoffentlich einen Termin noch bekommen, um ein für alle mal die Vergangenheit zu vergessen anstatt überall hin mitzunehmen.

        Ob das was bringt wird sich zeigen.
        In der Zwischenzeit befriedige ich mich mit Esoterik, welche mich auch einigermaßen stärkt.

        Liebe Grüße, Kriegerlein

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