Tja, wo soll ich anfangen. Ich war immer irgendwie ein Außenseiter, schon in der Grundschule und dann später auch noch. War okay für mich, hatte immer ein paar Jungs, mit denen ich was gemacht habe und war auch nie richtig einsam.
Trotzdem war ich eigentlich immer Zielschreibe für Gemeinheiten meiner Mitschüler. In der Grundschule wird man noch verprügelt, in der Ori (früher 5. und 6. Klasse) dann ausgegrenzt, manchmal immernoch verprügelt. Nicht schön, aber, wie soll ich sagen, auch noch irgendwie im Rahmen des Überstehbaren. Man kann ja zurückhauen und wen interessiert es schon, wenn ein paar Loser einen nicht mögen? Naja, schön war es trotzdem nicht, aber ich kam damit klar.
Mittlerweile bin ich aber 33 und es gibt eine Sache, mit der ich nicht klar komme. In der Siebten bin ich aufs Gymnasium. Das heißt neue Stadt (komme vom Dorf), fast komplett neue Klasse (bis auf zwei, doch sogar noch ganz ok waren) usw. Erst dachte ich mir: Gut, wird Neuanfang, alles wird besser und überhaupt sind die Gymnasiasten auch irgendwie anders (heute weiß ich, was für ein Quatsch das ist).
Tja, da hatte falsch gedacht. Den in der Siebten lief es genauso. Die coolen Kids haben schnell gemerkt, mit wem sie was machen können und mit mir konnten sie eine ganze Menge machen. Denn ich habe nicht gepetzt, wahrscheinlich aus Scham, bin mir da aber nicht so sicher. War auch irgendwie aushaltbar, zumal es weniger geworden war und ich irgendwie als Gruppenloser akzeptiert wurde. Das änderte sich dann aber, als Samantha (das ihr echter Name, ich habe keine Lust sie zu schützen) von der Achten runter kam. Also sie war sitzen geblieben oder sowas. Da war das Schuljahr schon zwei Monate am laufen und ich hatte schon meinen Platz gefunden. Samantha hatte einen leichten Einstieg. Sie war selbstbewusst, sah gut aus und war außerdem ein bisschen älter, als die anderen. Sie war schnell der Liebling der meisten pubertierenden Jungs und ich will ganz ehrlich sein, am Anfang fand ich sie auch faszinierend.
Blöd für mich war aber, dass Samantha ein ausgeprägtes Gespür für Schwächere hatte. Es dauerte nicht lange, da hatte sie mich zu ihrem Opfer gemacht. Demütigte mich verbal, schmiss meine Schulsachen durch den Raum oder in die Schultoilette und vor allem: Sie stachelte alle andern an, das ebenfalls zu tun. Es dauerte nicht lange, da war ich der Fußabtreter meiner Mitschüler. Ganz besonders schlimm waren damals die Fünf-Minuten-Pausen zwischen den Unterrichtsstunden. Es gab manchmal Wochen, in denen Samantha mich jede kleine Pause gequält hat. Die Hölle waren auch Freistunden oder Wartezeiten vor der Sporthalle. Da war ich ihr und den anderen schutzlos ausgeliefert. Schule war in dieser Zeit die Hölle für mich. Mir ging es damals richtig schlecht, aber weder meine Lehrer noch meine Eltern haben das richtig mitgekriegt. Meine Mutter fragte schonmal, wieso mein T-Shirt nass sei (Spucke, Kakao, Cola), aber ich habe mich immer irgendwie rausgeredet. Ich hab auch nie verstanden, warum Samantha mir das antat. Vielleicht war sie einfach sadistisch. Jedenfalls schien es immer irgendwie Spaß zu machen, wenn sie mir in die Haare spuckte oder mich mit brennenden Zigaretten bewarf. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie schlimm es für einen pubertierenden Jungen ist, von einem Mädchen so bitter gequält zu werden. Viel Selbstachtung bleibt da nicht mehr. Wie auch, wenn andere Menschen einen wie ein menschlichen Spielzeug behandeln. Naja, das Ganze ging dann etwa ein Jahr, danach ist sie weggezogen. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie erleichtert ich damals war. Und wie wichtig sie damals für meine Situation war, konnte man gut daran sehen, dass die Quälerein spürbar nachließen, als sie weg war, bis sie dann ganz aufhörten.
Mir ging es dann recht schnell besser. Ich glaube, weil es mich stärker gemacht hat, dass ich damit klar gekommen bin. Ich habe mich mit den meisten Angreifern von damals ausgesöhnt, bin ein Teil der Gruppe geworden, aber immer noch geprägt durch meine Erfahrungen. Auch heute kann ich es nicht ab, wenn sich Menschen über andere stellen oder sie demütigen und gehen konsequent dagegen vor.
Auch ansonsten lief mein Leben ziemlich gut. Ich hab nach dem Abi studiert, Maschinenbau, einen guten Berufseinstieg geschafft, bin mittlerweile verheiratet, habe ein eigenes Ingenieurbüro (mit 33 ist das ziemlich früh!), dass außerdem ziemlich gut läuft. Eigentlich hatte ich mir der Sache abgeschlossen.
Jedenfalls bis letztes Wochenende. Da ist nämlich eine junge blonde Frau in die Wohnung über mir eingezogen und, wie sollte es anders sein, es ist meine Peinigerin. Ich habe sie nur einmal kurz im Treppenhaus gesehen, aber der Name an der Tür, das Aussehen und das Alter, passt alles. Ich bin nur komplett sicher, dass dies die Frau ist, die mir mein Leben einmal zur Hölle gemacht hat.
Erst habe ich das gar nicht gerafft, aber nach ein paar Stunden bin ich erst in leichte Panik verfallen, um dann in ihrem Namen zu googeln und nochmal die Info zu verifizieren (scheinbar arbeitet sie mittlerweile bei einer Bank in der Stadt). Tja und das führt zu meinem aktuellen Problem. Ich habe echt keine Ahnung, wie und ob ich damit umgehen soll. Ich weiß nicht, ob ich sie ignorieren soll, sie konfrontiere oder zumindest die Bekanntschaft feststelle, das Thema aber nicht angehe. Keine Ahnung. Und da suche ich dringend Rat.
Ich habe auch keine Ahnung, mit wem ich darüber reden soll. Ich traue mich kaum, meiner Frau davon zu erzählen (was ich aber trotzdem heute noch tun möchte). Sie weiß zwar, dass ich es in der Schule einmal gemobbt wurde, aber sie hat keine konkrete Vorstellung davon, was mir damals passiert ist und erst recht keinen Bezugspunkt. Ich werde ihr wohl erzählen müssen, warum gerade diese Frau in meinen Erinnerungen so schlimm ist. Ich schäme mich wieder, wie damals und auch wenn ich heute damit umzugehen weiß, bin ich absolut unsicher, wie ich mit der Frau von oben nun verfahren soll.
Hat jemand schon einmal ähnliche Erfahrungen gemacht? Und kann mir einen Denkanstoß geben?
Trotzdem war ich eigentlich immer Zielschreibe für Gemeinheiten meiner Mitschüler. In der Grundschule wird man noch verprügelt, in der Ori (früher 5. und 6. Klasse) dann ausgegrenzt, manchmal immernoch verprügelt. Nicht schön, aber, wie soll ich sagen, auch noch irgendwie im Rahmen des Überstehbaren. Man kann ja zurückhauen und wen interessiert es schon, wenn ein paar Loser einen nicht mögen? Naja, schön war es trotzdem nicht, aber ich kam damit klar.
Mittlerweile bin ich aber 33 und es gibt eine Sache, mit der ich nicht klar komme. In der Siebten bin ich aufs Gymnasium. Das heißt neue Stadt (komme vom Dorf), fast komplett neue Klasse (bis auf zwei, doch sogar noch ganz ok waren) usw. Erst dachte ich mir: Gut, wird Neuanfang, alles wird besser und überhaupt sind die Gymnasiasten auch irgendwie anders (heute weiß ich, was für ein Quatsch das ist).
Tja, da hatte falsch gedacht. Den in der Siebten lief es genauso. Die coolen Kids haben schnell gemerkt, mit wem sie was machen können und mit mir konnten sie eine ganze Menge machen. Denn ich habe nicht gepetzt, wahrscheinlich aus Scham, bin mir da aber nicht so sicher. War auch irgendwie aushaltbar, zumal es weniger geworden war und ich irgendwie als Gruppenloser akzeptiert wurde. Das änderte sich dann aber, als Samantha (das ihr echter Name, ich habe keine Lust sie zu schützen) von der Achten runter kam. Also sie war sitzen geblieben oder sowas. Da war das Schuljahr schon zwei Monate am laufen und ich hatte schon meinen Platz gefunden. Samantha hatte einen leichten Einstieg. Sie war selbstbewusst, sah gut aus und war außerdem ein bisschen älter, als die anderen. Sie war schnell der Liebling der meisten pubertierenden Jungs und ich will ganz ehrlich sein, am Anfang fand ich sie auch faszinierend.
Blöd für mich war aber, dass Samantha ein ausgeprägtes Gespür für Schwächere hatte. Es dauerte nicht lange, da hatte sie mich zu ihrem Opfer gemacht. Demütigte mich verbal, schmiss meine Schulsachen durch den Raum oder in die Schultoilette und vor allem: Sie stachelte alle andern an, das ebenfalls zu tun. Es dauerte nicht lange, da war ich der Fußabtreter meiner Mitschüler. Ganz besonders schlimm waren damals die Fünf-Minuten-Pausen zwischen den Unterrichtsstunden. Es gab manchmal Wochen, in denen Samantha mich jede kleine Pause gequält hat. Die Hölle waren auch Freistunden oder Wartezeiten vor der Sporthalle. Da war ich ihr und den anderen schutzlos ausgeliefert. Schule war in dieser Zeit die Hölle für mich. Mir ging es damals richtig schlecht, aber weder meine Lehrer noch meine Eltern haben das richtig mitgekriegt. Meine Mutter fragte schonmal, wieso mein T-Shirt nass sei (Spucke, Kakao, Cola), aber ich habe mich immer irgendwie rausgeredet. Ich hab auch nie verstanden, warum Samantha mir das antat. Vielleicht war sie einfach sadistisch. Jedenfalls schien es immer irgendwie Spaß zu machen, wenn sie mir in die Haare spuckte oder mich mit brennenden Zigaretten bewarf. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie schlimm es für einen pubertierenden Jungen ist, von einem Mädchen so bitter gequält zu werden. Viel Selbstachtung bleibt da nicht mehr. Wie auch, wenn andere Menschen einen wie ein menschlichen Spielzeug behandeln. Naja, das Ganze ging dann etwa ein Jahr, danach ist sie weggezogen. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie erleichtert ich damals war. Und wie wichtig sie damals für meine Situation war, konnte man gut daran sehen, dass die Quälerein spürbar nachließen, als sie weg war, bis sie dann ganz aufhörten.
Mir ging es dann recht schnell besser. Ich glaube, weil es mich stärker gemacht hat, dass ich damit klar gekommen bin. Ich habe mich mit den meisten Angreifern von damals ausgesöhnt, bin ein Teil der Gruppe geworden, aber immer noch geprägt durch meine Erfahrungen. Auch heute kann ich es nicht ab, wenn sich Menschen über andere stellen oder sie demütigen und gehen konsequent dagegen vor.
Auch ansonsten lief mein Leben ziemlich gut. Ich hab nach dem Abi studiert, Maschinenbau, einen guten Berufseinstieg geschafft, bin mittlerweile verheiratet, habe ein eigenes Ingenieurbüro (mit 33 ist das ziemlich früh!), dass außerdem ziemlich gut läuft. Eigentlich hatte ich mir der Sache abgeschlossen.
Jedenfalls bis letztes Wochenende. Da ist nämlich eine junge blonde Frau in die Wohnung über mir eingezogen und, wie sollte es anders sein, es ist meine Peinigerin. Ich habe sie nur einmal kurz im Treppenhaus gesehen, aber der Name an der Tür, das Aussehen und das Alter, passt alles. Ich bin nur komplett sicher, dass dies die Frau ist, die mir mein Leben einmal zur Hölle gemacht hat.
Erst habe ich das gar nicht gerafft, aber nach ein paar Stunden bin ich erst in leichte Panik verfallen, um dann in ihrem Namen zu googeln und nochmal die Info zu verifizieren (scheinbar arbeitet sie mittlerweile bei einer Bank in der Stadt). Tja und das führt zu meinem aktuellen Problem. Ich habe echt keine Ahnung, wie und ob ich damit umgehen soll. Ich weiß nicht, ob ich sie ignorieren soll, sie konfrontiere oder zumindest die Bekanntschaft feststelle, das Thema aber nicht angehe. Keine Ahnung. Und da suche ich dringend Rat.
Ich habe auch keine Ahnung, mit wem ich darüber reden soll. Ich traue mich kaum, meiner Frau davon zu erzählen (was ich aber trotzdem heute noch tun möchte). Sie weiß zwar, dass ich es in der Schule einmal gemobbt wurde, aber sie hat keine konkrete Vorstellung davon, was mir damals passiert ist und erst recht keinen Bezugspunkt. Ich werde ihr wohl erzählen müssen, warum gerade diese Frau in meinen Erinnerungen so schlimm ist. Ich schäme mich wieder, wie damals und auch wenn ich heute damit umzugehen weiß, bin ich absolut unsicher, wie ich mit der Frau von oben nun verfahren soll.
Hat jemand schon einmal ähnliche Erfahrungen gemacht? Und kann mir einen Denkanstoß geben?
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