Ich habe frühkindlichen Autismus, high functioning. Autismus ist eine sogenannte tiefgreifende Enticklungsstörung. Merkmale sind u. a.:
- Probleme bei sozialen Interaktionen
- zwanghafte Vorlieben,Routinen oder Rituale
- außergewönliche Interessen
- non-verbale und verbale Verstehensprobleme
- Über- oder Untersensibilität in bezug auf die Sinneskanäle
- ausgeprägtes Alleinsein und mangelnde Teamfähigkeit
- Schwierigkeiten mit Veränderungen
Realschule (5. - 7. Klasse)
In der Grundschule wurde ich noch so akzeptiert wie ich bin. Man hat mich in Ruhe gelassen und am Ende der Grundschulzeit hatte ich sogar ein paar Freunde. Von diesen Freunden wechselte dann aber keiner zu der gleichen Schule wie ich.
Am Anfang ließ man mich an der Realschule auch in Ruhe. Bis dann ein Lehrer anfing mich nur noch „Miss Sophie“ zu nennen, worüber die Klasse gelacht hat. Dann hat er immer wieder gefragt, ob ich wüsste, wer Miss Sophie sei. Ich schüttelte mit dem Kopf, was zu noch mehr Gelächter geführt hat. Erst viel später habe ich herausgefunden, dass er damit die alte Dame aus „Dinner for one“ meinte. Dieser Lehrer bezeichnete mich vor der Klasse immer als „plind und plöd“. Nach und nach haben sich immer mehr Mitschüler angeschlossen. In der 7. Klasse war es dann Alltag, dass ich beschimpft wurde, angespuckt und mit Dreckklumpen und Steinen beworfen wurde und verprügelt wurde. Einmal bekam ich einen Zettel zugesteckt auf dem stand: „M. Verschwinde, wir wollen dich nicht, hau ab und komm nie mehr wieder. Wir hassen dich. Gez. Klasse 7 d“
Die Situation in der Schule war so, dass ich nach der 7. Klasse die Schule wechseln musste.
Hauptschule (8. - 10. Klasse)
An der Hauptschule hatte ich eigentlich eine relativ ruhige Zeit. Weil ich nicht redete bekam ich da den Spitznamen „Fischgesicht“. Ich wurde nur noch selten verprügelt und auch die Beschimpfungen waren nicht so schlimm wie an der Realschule.
Gymnasium (11. - 13. Klasse)
Das erst Jahr am Gymnasium hatte ich gar keine Kontakte zu anderen Mitschülern, wurde aber wenigstens nicht gemobbt. Ich habe weiterhin nicht geredet, auch im Unterricht habe ich nichts gesagt. Nach einem Jahr hat mich dann ein Mädchen aus meinem Pädagogikkurs angesprochen, was wir als Hausaufgabe aufgehabt hätten. Ich habe ihr eine Zusammenfassung des Textes, den wir lesen sollten, gegeben. Es entwickelte sich ein Gespräch und sie erzählte mir, dass sie und die anderen aus ihrer Clique gedacht hätten ich wäre arrogant und wolle nichts mit ihnen zu tun haben. Darüber habe ich mich sehr gewundert, das andere mich so sehen. Aber gemobbt wurde ich während der Zeit am Gymnasium nicht.
Ausbildung zur Arzthelferin in einer Kinderarztpraxis
Als ich neu anfing in der Praxis erzählten meine Kolleginnen mir, dass die eine Kollegin im letzten Jahr lange gefehlt hätte, weil sie Krebs hatte. Etwa zwei Wochen später kam meine Chefin zu mir und beschwerte sich darüber, dass die Kollegin letztes Jahr 27 Wochen am Stück „krank gefeiert“ hätte. Daraufhin habe ich dann gesagt, dass sich ja niemand so eine Krankheit aussuchen würde. Von da an war ich natürlich unten durch! Als meine Chefin dann etwa ein Jahr später heraus bekam, dass ich eine Psychotherapie machte, war es ganz vorbei. Von da an hieß es nur noch: „Du bist ja krank im Kopf!“ wobei sie sich dann mit der Hand gegen die Stirn schlug. Wenn eine Kollegin in der Nähe war, hat sie der Kollegin dann gesagt, sie solle mir dies und das sagen, obwohl ich direkt daneben stand. Wenn wir alleine waren, fing sie manchmal an irgendwas zu erzählen und meinte dann mittendrin „ach, was erzähl ich dir das, du bist ja krank im Kopf!“ Am Ende wurde mir dann die Mittagspause gestichen, mit der Begründung, dass ich während der Mittagspause den Telefondienst übernehmen solle. Ich habe die Ausbildung verkürzt, war aber trotzdem die letzten 3 Monate krank geschrieben. Von da an hat weder meine Chefin noch mein Chef mit mir geredet. Das letzte, was mein Chef gesagt hat war, dass er dafür sorgen würde, dass ich nie mehr eine Stelle finden würde.