Hallo
ich bin neu hier im Forum. Ich möchte Anonym bleiben aber bin weiblich 14 Jahre alt (bald 15) und gehe zurzeit in die 9. Klasse. Ich wohne in der Schweiz, bin eingebürgerte Schweizerin aber habe ein Miggrationshintergrund.

Ich habe vor 3 Jahren die Erfahrung mit Mobbing gemacht und es verfolgt mich bis heute noch. Ich möchte das auch andere Menschen meine Geschichte hören und bin bereit für positive als auch negative Rückmeldungen.
Viel 'Spass' beim durchlesen, falls man das so sagen kann. :'-)


1) Wie begann das Mobbing in der Schule und in der Arbeitswelt?


Eigentlich gab es nicht einen einzigen Auslöser weshalb das Mobbing angefangen hatte. Es war einerseits diese eine Freundin von mir, mit der ich es sehr gut hatte und andererseit denke ich war es auch so, dass ich mich als einzige gegen den Gruppenzwang und gegen die 'Tabus' geäussert habe. Mit dieser Freundin hatte ich es echt gut. Seit der 1. Klasse. Durch eine 3. Person wurde alles auf den Kopf gestellt. Meine Freundin hat sich nur mit ihr beschäftigt und das konnte ich nicht ertragen. Es fing an mit einem kleinen Streit, damals wusste ich nicht, dass es jemals so weit kommen würde. In Laufe der Zeit, fing sie an mit kleinen Beleidigungen, es blieb aber nicht nur bei 'kleinen Beleidigungen'. Andererseits was mich unbeliebt in der Klasse machte, war dass ich meine Meinung immer geäussert habe und nicht darüber nachdenkte, was die anderen denken konnten.




2) Wie lang dauerte die Mobbingzeit?


So genau kann man das nicht sagen, es gab eine Zeit da wurde ich gar nicht gemobbt. Im Ganzen dauerte es aber etwa 3 Jahre. Im letzten Jahr wurde es aber unerträglich.




3) Wurden Sie auf eine spezielle Art gemobbt was hat man genau gemacht?


Ja ich wurde mit Beleidigungen ausgeschlossen. Damals hatte ich nicht die super Figur aber ich war auch nicht wirklich übergewichtig. Ich war ein bisschen pummelig. Das Mädchen das mich mobbte war genau das Gegenteil, sie konnte soviel essen wie sie wollte ohne dick zu werden. Sie modelte schon als kleines Kind und ich denke es war der dauernde Versuch von Perfektion in Ihrem Fall. Sie war nahezu perfekt und konnte meine Persönlichkeit nicht ertragen. Was genau sie an mir nicht mochte kann ich nicht genau sagen aber sie gab mir zu spüren mit ihren Beleidigungen, dass ich nicht gut genug für sie war. Sie nannte mich immer 'fettsack' oder 'hässlich'. Sie sagte dass zu nichts gut genug war. Anfangs war es nur sie die mich beleidigte mit der Zeit schlossen sich immer mehr meiner Klassenkameraden ihr an. Bald waren es schon alle. Nicht alle beleidigten mich so massiv aber ich spürte, dass die die mich nicht beleidigten, nichts mit mir zu tun haben wollten, weil sie sonst auch 'unbeliebt' werden würden. Niemand wehrte sich gegen sie. Sie war schwach aber dennoch so mächtig. Sie hat mir meine Spiele geklaut und meine Sachen versteckt. Sie hat ununterbrochen mit anderen hinter meinen Rücken gesprochen und noch mehr Mensche dazu gebracht sich von mir fernzuhalten. Es war ein Hass den ich ihr gegenüber spürte aber auch Neid. Ich wollte sie als meine Freundin, ich kam nicht los von ihr, von ihrer Perfektion. Es war ein wirr warr der Gefühle. Diese Gefühle machten mich fertig. Ich wollte nicht in die Schule aber einerseits wollte ich. Ich wollte ihr zeigen dass ich nicht hässlich und fett bin. Ich wollte dass sie sieht was sie aus mir gemacht hatte. Ich wollte ihr zeigen dass ich auch perfekt sein konnte! Mit 11 Jahren schon hatte ich Selbstmordgedanken. Aber nicht weil ich so verzweifelt war, nein ich wollte ihr zeigen was sie aus mir gemacht hatte! Ich wollte dass sie auch leidet genau wie ich. Ich wollte abnehmen und magersüchtig sein. Versuchte mehrmals nach jeder Malhzeit das Essen auszukotzen. Sie hatte mich voll in Griff. Dieser eine Mensch hatte mich total verändert. Ich hatte kein richtigen Kontakt zu meiner Familie. Ich kam nach Hause und ging sofort in meinen Zimmer. Meine Mutter war verzweifelt, sie wollte mir helfen doch sie wusste nicht wie. Endlose Gespräche hatte ich mit meiner Lehrerin und mit diesem Mädchen. Es brachte nicht viel. Ich wusste kein Ausweg. Vielleicht war es sie die mich so fertig machte, vielleicht auch ich, die verzweifelt versuchte gut genug für sie zu sein. Ich weiss es nicht.


4) Haben Sie das Geschäft gewechselt? hatten Sie noch Angst wieder gemobbt zu werden?


Ja, ich hab die Schule gewechselt. Aber da war ich schon am Abschluss der 6. Klasse. Ich ging in eine Privatschule. In dieser Privatschule kannte jeder Jeden. Ich konnte am ersten Abend nicht schlafen. Ich hatte Angst aber nahm mir vor einen neu Anfang zu wagen. Ich schwor mir niewieder so schwach zu sein.
Dieser Schwur hat mein ganzes Leben verändert. In der neuen Schule ging es mir besser. Ich war stark. Ich äusserte mich immer und die Lehrer sagten ich sei die 'Anführerin' der Mädchen. Diese Rolle gefällte mir und ich fing an ein Mädchen auszuschliessen. Ich weiss nicht den Grund. Ich war voller Hass. Ich weiss nicht gegen wen. Vielleicht gegen mich selber? Diesen Mädchen das ich ein Jahr lang gemobbt habe, wechselte die Schule..
Was hatte ich getan? Was ist aus mir geworden? Ich kam nicht mit mir klar. Ich wusste nicht wer ich war. Ich schämte mich für das was ich ihr angetan hatte, denn ich wusste genau wie sie sich fühlte. Ich hatte Angst. Ich war ein total anderer Mensch. Ich hatte Angst vor mir selber. Angst vor meinen Taten.
Ich war völlig durcheinander. Ich hatte keine richtigen Freunde. Die, die ich hatte waren sozusagen nur Mitläufer von mir. Ich nahm mir mehrmals vor mich zu ändern.


Mit der Zeit vergass ich meine Vergangenheit. Mir wurde bewusst, dass ich diesen Fehler aus Angst gemacht hatte. Es musste ein anderes Mädchen leiden damit nicht ich leiden musste. Nicht nocheinmal.
Heute komme ich mit allem gut klar. Ich versuche mich zwar gegen den Gruppenzwang zu äussern, auch wenn mich das manchmal unbeliebt macht, es gibt Menschen die das an mir schätzen. Ich habe alles hinter mir gelassen. Ich bin Erwachsen geworden.
Diese Erfahrungen werde ich jedoch nie vergessen können. Es ist und wird immer ein Teil von mir bleiben, ob ich will oder nicht.

7) Gab es jemand, der Sie während des Prozesses geholfen oder unterstützt hat?


Ja, es gab viele Menschen die mir helfen wollten. Doch richtig helfen konnte keiner. Es gab mir Kraft aber geholfen hat es der Situation nicht. Es gab ein Mädchen, Sanja. Es war in der 6. Klasse. Sie musste die Klasse wiederholen und kam in meine. Wir wurden echt gute Freunde. Ich hab ihr vertraut und sie mir. Sie ist mir beigestanden und hat mit mir geweint. Sie konnte wie gesagt nichts an der Situation ändern doch sie war immer für mich da.
Meine Familie war auch eine grosse Stütze. Anfangs wollte ich alles alleine klären und sagte meiner Mutter nichts. Sie erfuhr aber von der Lehrerin über meine Situation. Ich begann mit ihr zu sprechen. Wir weinten zusammen und sprachen bis in die Morgenstunden.


8)Was waren Ihre Gedanken als Kind/Erwachsene während dieser Mobbingphase?


Meine Gedanken, ja, das ist ziemlich kompliziert zu erzählen. Als mich dieses Mädchen mobbte, waren meine Gedanken ziemlich extrem. Extrem in Sinne von Selbstmord und Magersucht Gedanken. Ich wollte wie ich schon oben gesagt hatte, perfekt sein. Ich wollte schön und dünn sein. Wie dieses Mädchen.




9)Konnten Sie das Problem Ihren Eltern erzählen?


Nein, das konnte ich nicht. Ich hab mich geschämt. Dieses Mädchen hatte mir so oft eigeredet wie fett und hässlich ich bin, dass ich schon selbst daran glaubte. Ich konnte es ihnen nicht sagen, weil ich wirklich daran glaubte, dass der Fehler an mir lag. Ich war die Schuldige.



10)Wie haben Sie sich Gefühlt?
Konnten Sie in der Nacht schlafen?
Tauchten irgendwelche Nebenwirkungen wie (Bauchschmerzen,Kopfschmerzen..usw) auf


Also, ich denke meine Psyche hat sich total verändert nach dieser Zeit.
Ich hatte psychische probleme. Vielleicht tönt das was ich gesagt habe nicht schlimm, doch für ein Kind im alter von 11 Jahren, ist das etwas schreckliches.


Ich kann mich noch gut erinnern. An meine Gefühle. Eines Tages war ich erschöpft. Erschöpft von allem. Todesmüde. Es war in der Nacht auf den Donnerstag, denke ich. Ich war in meinen Zimmer und weinte, wie jede Nacht. Meine Mutter kam ins Zimmer und sah mich. Sie machte es total fertig, was aus mir wurde. Wir weinten bis in die Nacht hinein. Ich konnte nicht aufhören es wurde mir alles zuviel. Alles kam hoch. Ich ertrank richtig in meinen Gedanken. Die Gedanken von Perfektion, Schönheit und Tod. Vor dem wollte ich schon einmal Selbstmord machen aber nur damit diesen Mädchen sieht was sie aus mir gemacht hat. Diesmal war es anders. Ich wollte nicht mehr. Ich kam keinen Schritt weiter. Ich hatte keine Kraft mehr.
Meine Mutter rufte einen bekannten Psychologen zu uns. Er kam so schnell er konnte. Meine Mutter spürte, dass etwas nicht in Ordnung war. Sie hatte Angst um mich. Ich hatte wirklich diesen Gedanken zu schlafen und nie wieder aufzustehen.
Dieser Psycholog kam dann, ich wollte aber nicht reden. Also sprach er zuerst mit meinen Eltern. Sie sprachen wohl sehr lang, denn ich war auf dem Sofa eingeschlafen. Als er zu mir kam wurde ich wach. Er fragte mich ob ich schlafen wollte. Ich sagte ja. Er fragte ob ich den Schlaf mochte. Ich sagte ja sehr sogar. Er fragte warum, ich sagte, es ist wie eine Leere. Mein Bauch fühlt sich dann so komisch an und das gefällt mir. Ich bin nicht verkrampft wenn ich schlafe. Es ist wie ein Nichts und diesen Nichts gefällt mir. Er stand auf und ging wieder zu meinen Eltern. Ich schlief. Tief und fest, in der Hoffnung nie wieder aufzustehen.