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  • Selbsthilfegruppe gründen

    Hallo*

    Bin neu hier und habe leider feststellen müssen dass es jede Menge Leidensgenossen/innen gibt die am Arbeitsplatz gemobbt werden.
    Bei mir hat das Mobben am Arbeitsplatz vor sechs Jahren begonnen und zieht sich leider bis heute hin. Zwischenzeitlich war es mal wieder ein wenig besser, vor zwei Jahren, als Arbeit neu verteilt wurde und Posten neu zu belegen waren, wurde ich schlecht gemacht sodass ich bei der Verteilung leer ausging. Habe meinen neuen Vorgesetzten aber von meinen Fähigkeiten überzeugen können und darf nun in dem Sachgebiet arbeiten das ich gewünscht hatte.

    Dennoch, diese ganzen Verunglimpfungen, Angriffe und Einschüchterungen haben ihre Spuren hinterlassen. Mein Selbstwertgefühl ist im Keller und ich reagiere wie jemand der ständig in eine Ecke gedrängt wird. Meine Idee war jetzt eine Selbsthilfegruppe zu gründen. Sicherlich bin ich psychologisch nicht gerade sehr stabil, aber ich denke genau hier ist der richtige Ansatz nicht nur mir sondern auch anderen zu helfen. In meiner näheren Umgebung gibt es keine solche Gruppe und die Bereitschaft einer Kontakt und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen mich dabei zu unterstützen besteht.

    Ich bitte Euch um Rat ob dies der richtige Weg sein könnte. Vielleicht habt Ihr auch Anregungen für eine Selbsthilfegruppe, z.B. zum Aufbau, Ablauf, Motto, worüber darf gesprochen werden und worüber nicht.

    Grüße Johanna

  • #2
    AW: Selbsthilfegruppe gründen

    Hallo Johanna,

    die Idee der Selbsthilfegruppe ist grundsätzlich gut, weil Bedarf besteht.
    Du musst Dir allerdings über die Ziele einer solchen Gruppe klar werden.
    Ich habe vor Jahren zeitweise eine SHG aufgesucht, zwar unter dem Thema "Burnout", aber hauptsächlich mit Mobbingopfern besetzt. Es lief darauf hinaus, dass jeder von seinen Erfahrungen am Arbeitsplatz erzählte. Das ist zunächst auch Sinn der Sache. Wenn es allerdings so auskommt, dass bei jedem Zusammentreffen nur gegenseitig Leid beklagt wird, gerät die Gruppe in eine Spirale ohne Ende. Und da jeder Einzelne erzählen will, manchmal auch länger, kommen Andere zu kurz und es wird für sie uninteressant. Irgendwann wiederholen sich die Schilderungen, immer und immer wieder...
    Es sollten also einerseits Möglichkeiten geboten werden, das Herz auszuschütten, andererseits aber auch Ablenkung nicht zu kurz kommen und schließlich Lösungsansätze erarbeitet werden.
    In "meiner" Gruppe war das nicht der Fall, weswegen ich sie ziemlich frustriert verlassen habe. Sie hat sich auch kurze Zeit später aufgelöst.

    Viel Glück
    Trauerweide

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    • #3
      AW: Selbsthilfegruppe gründen

      Zitat von Trauerweide Beitrag anzeigen
      Hallo Johanna,

      die Idee der Selbsthilfegruppe ist grundsätzlich gut, weil Bedarf besteht.
      Du musst Dir allerdings über die Ziele einer solchen Gruppe klar werden.
      Ich habe vor Jahren zeitweise eine SHG aufgesucht, zwar unter dem Thema "Burnout", aber hauptsächlich mit Mobbingopfern besetzt. Es lief darauf hinaus, dass jeder von seinen Erfahrungen am Arbeitsplatz erzählte. Das ist zunächst auch Sinn der Sache. Wenn es allerdings so auskommt, dass bei jedem Zusammentreffen nur gegenseitig Leid beklagt wird, gerät die Gruppe in eine Spirale ohne Ende. Und da jeder Einzelne erzählen will, manchmal auch länger, kommen Andere zu kurz und es wird für sie uninteressant. Irgendwann wiederholen sich die Schilderungen, immer und immer wieder...
      Es sollten also einerseits Möglichkeiten geboten werden, das Herz auszuschütten, andererseits aber auch Ablenkung nicht zu kurz kommen und schließlich Lösungsansätze erarbeitet werden.
      In "meiner" Gruppe war das nicht der Fall, weswegen ich sie ziemlich frustriert verlassen habe. Sie hat sich auch kurze Zeit später aufgelöst.

      Viel Glück
      Trauerweide
      Dem kann ich uneingeschränkt beipflichten und den Ansatz unterstützen, dass die Klage über die eigenen Umstände niemanden in der Gruppe weiter bringt. Es tut zwar gut sein Leid ausprechen zu können, doch der dahinter stehende Appell und die Erwartung an die Gruppe: Helft mir! leider nicht erfüllt wird bzw erfüllt werden kann.

      Daher ist es eher sinnvoll sich einer Gruppentherapie anzuschliessen als auf's Geratewohl eine Selbsthilfegruppe zu gründen die nur aus Betroffenen besteht die selbst in der Krise sind.

      Anders sieht es aus wenn man Menschen gewinnen kann, die eine solche Krise erfolgreich hinter sich gebracht haben motivieren kann mit in die Gruppe einzusteigen. Das sollte dann aber mehr als einer sein, weil derjenige allzu sehr unter dem Erwartungsdruck der Gruppe leidet sprich die Opfer u.U. zu sehr an einer einzigen Person "saugen" und vergessen, welches Mass an Verantwortung sie ihrem Gegenüber in diesem Moment zumuten.

      Es gibt immer mehrere Alternativen etwas anzugehen. Daher sind auch mehrere Kompetenzen gefragt. Man könnte dann auch mal einen Anwalt einladen der dann wesentlich günstiger für die Gruppe als für jeden einzeln ist. Vor allem wenn man keinen Rechtschutz hat der zudem auch noch zuvor die Deckungszusage geben muss, sonst hat man die Kosten selbst am Bein.

      Wichtig und richtig an solch einer Gruppe ist aber der menschliche Kontakt, dass es neben den Peinigern auch noch andere Menschen gibt die mich und meine Not verstehen. Das verhindert dann auch, dass man sich zuhause auf die Couch legt und vor der mittlerweile hirnlosen Glotze den einsamen geistigen Tod stirbt. Davon profitieren dann gewiss alle gleichermassen.

      Oft erlebe ich hier, dass Kollegen auch nur mit einzelnen Kollegen Probleme haben, die aus mangelnder Sozialisation und sozialer Eigenkompetenz entstehen. Das ist für viele dann schon Mobbing. Ist es aber nicht, weil manche Menschen sich, warum auch immer, nicht miteinander verstehen, sich buchstäblich nicht riechen können. Solche Mitarbeiter im Alltag aufeinader zu zwingen ist ein Vergehen und Versagen der Führung. Das ist fehlendes Konfliktmanagement und Aufgabe von Führung solche Auseinandersetzungen konstruktiv aufzulösen. Mobbing kann gewiss daraus entstehen wenn sich Gruppen und Subkulturen bilden die die eine oder die andere Meinung vertreten und sich ein Opfer suchen.
      Verantwortlich sind für solche Reibereien sicher auch die Mitarbeiter. Die Hauptschuldigen aber sind die Führungskräfte die den Laden buchstäblich nicht mehr im Griff haben und durch das Wegsehen den Dingen einfach ihren Lauf lassen. Mit weitreichenden und verheerenden Folgen für Mensch und Unternehmen.

      Klassisches Mobbing aber ist, wenn sich eine ganze Gruppe oder gar Alle gegen einen Einzelnen wendet/wenden, das Opfer keinerlei Bezugsperson mehr hat und vollkommen alleine da steht. Das ist ein ganz anderer Absturz als mit jemandem einfach nur Ärger zu haben.

      Das sind absolut unterschiedliche Qualitäten. Deshalb betrachte ich die Verwässerung dieses Begriffes mit etwas Unbehagen, weil dadurch seine Bedeutung insgesamt verwässert wird, gar einen gesellschaftlich ja umgangssprachlichen Touch bekommt der die Schwere des Vergehens gegen den Einzelnen in der öffentlichen Meinung herabsetzt.

      So nach dem Motto Fritz zu Harry: "Heute schon gemobbt? Neee heute noch nicht!"

      Warum muss es immer mehr Therapeuten und Psychologen geben?
      Meine Meinung: Weil die Menschen in unserer Gesellschaft immer unfähiger werden eigene Konflikte selbst auszutragen und sich wieder mit dem Anderen zu versöhnen. Alle schreien immer nach dem Kadi und damit schlussendlich nach Papa oder der Mama weil keiner mehr ein Stück nachgeben will und der andere bestraft werden soll weil er mir meinen "Lutscher" weggenommen hat! Fähigkeit zur Frustrationskompensation gleich Null oder sogar darunter!
      Eine immer grösser werdende Zahl Menschen ist es scheinbar gewohnt, dass jeder Wunsch und jedes Verlangen sofort befriedigt wird und daher immer von aussen an uns heran getragen werden muss. Und wenn nicht, die Welt sofort in sich zusammenbricht, paralysiert und damit unfähig selbst die Initiative zu ergreifen weil die Betroffenen nicht mehr wissen wie. Arme Nintendo-Gesellschaft!

      Welches intelektuelle und soziale Niveau stellt das dar wenn Erwachsene sich so verhalten. Da ist im Sandkasten scheinbar was zu kurz gekommen. Wenn der oder diejenige also das Pech hatte nicht im solchen spielen zu dürfen, dann muss er/sie es heute auf der Couch oder dem Stuhl beim Therapeuten nachholen.

      Ich unterstütze die Idee der Selbsthilfegruppe jedenfalls sehr als sicheren Anker zwischenmenschlichen Kontaktes in einer schweren Zeit.

      Aber aufgepasst: Nicht die Qualitäten verwechseln und wenn es um den Austausch im spezifischen Erleben geht anfangs sicher einen Coach organisieren.

      Gruss Martin
      Psychobabbel
      besonders erfahrenes Mitglied
      Zuletzt geändert von Psychobabbel; 09.02.2010, 15:31.

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      • #4
        AW: Selbsthilfegruppe gründen

        Die Idee ist gut und du solltest den Versuch wagen. Suche aber einen guten Mediator, denn da du selber noch am "Verdauen" bist, kann jede Hilfe nur positiv sein.
        Wende dich an Volkshochschule, deinen Arzt - Ärzte haben immer Adressen - und an andere Gruppen.
        Viel Erfolg
        Harry Gambler

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        • #5
          AW: Selbsthilfegruppe gründen

          Hallo Trauerweide, Martin und Harry G.

          vielen Dank für Eure wichtigen und richtigen Hinweise und Erfahrungsberichte. Ich kann in etwa erahnen wieviel Arbeit auf mich zukommt. In den letzten Jahren habe ich feststellen müssen dass man als Mobbingopfer gar nicht mehr richtig erkennen kann ob man noch in der Schußlinie steht oder nicht. Das hängt von der persönlichen Tagesform ab. Das Selbstvertrauen hat derart gelitten das jede dahingesagte Floskel als persönlicher Angriff gewertet wird obwohl man vielleicht gar nicht mehr Zielscheibe des/der Mobber ist. Durch die eigene Reaktion rückt man sich aber wieder unwillkürlich ins Zentrum der "Angreifer" und wird damit wieder zum Spielball aus welchen Gründen auch immer.

          Für mich ist das gemeinsame "Verdauen" wichtig. Und genau wie ihr beschrieben habt kann es nicht immer nur das "die/der hat mich schon wieder gemobbt sein" sein, richtige Wege aus der Opferrolle sind gefragt. Das Selbstwertgefühl zu stärken ist wichtig und auch Hinweise zum Verhalten zu geben gehören dazu. Ich wünschte ich hätte vieles von dem Wissen das ich heute habe. Tagebuch führen, Rechtsquellen kennen, wissen wo es Hilfe gibt und womit man kontern kann. Ich bräuchte vielleicht keine Gruppe gründen. Aber dieses Unterdrücken wird immer stärker. Sicher liegt vieles an der fehlenden Kommunikation. Aber wie behebt man dies? Wie geht man miteinander in der Gesellschaft um ohne das der andere sich auf den Schlips getreten fühlt. Gegen den Strom oder mit dem Strom? Außenseiter oder Mitläufer? Aufrecht gehen oder mit eingezogenen Schultern durchs Leben gehen?

          Wer weiß in welche nächste "Gesellschaftskrankheit" das falsche Miteinander, überzogene Vorstellungen, Überheblichkeit, Ängstlichkeit usw. noch führen. Aber vielleicht kann ein stückweit geholfen werden.

          In der nächsten Woche habe ich den Termin mit der Kontaktstelle. Dank Euch können Anregungen schon gebracht werden. Ich bin gespannt.

          Liebe Grüße
          Johanna

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          • #6
            AW: Selbsthilfegruppe gründen

            Zitat von Johanna Beitrag anzeigen
            Wer weiß in welche nächste "Gesellschaftskrankheit" das falsche Miteinander, überzogene Vorstellungen, Überheblichkeit, Ängstlichkeit usw. noch führen. Aber vielleicht kann ein stückweit geholfen werden.
            Du bist mit deinem Engagement ein Hoffnungsträger, der gegen die momentane Entwicklung wirkungsvoll antreten will. Es braucht Menschen wie dich die die Dinge angehen in der Erwartung eine positive Entwicklung zu erwirken.

            Ohne Menschen wie dich wäre die Welt ein Stück ärmer. Deine Worte strahlen grosses Verantwortungsbewusstsein aus.
            Ich bin zuversichtlich, dass es sehr erfüllend und befreiend für dich wird.

            Viel Erfolg bei deinem Vorhaben wünscht dir

            Martin

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            • #7
              AW: Selbsthilfegruppe gründen

              Hallo Martin,

              Deine Worte haben mich sehr bewegt. Das ist Labsal für die Seele. Unterstützung fürs Ego. Danke Dir dafür. Doch der Dank gehört Euch, Dir und den anderen Forumsmitgliedern. Den Trost, das Mitgefühl und die vielen Ratschläge die Ihr hier gebt sind unbezahlbar. Euch allen viel Kraft und Zuversicht für eine bessere Welt.

              Danke
              Johanna

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